Geschichte Stiftung Pfefferwerk

Die Brauerei auf dem Pfefferberg

Vor den Toren Berlins, am südlichen Ausläufer des Barnims, erwarb der aus Süddeutschland stammende Joseph Pfeffer im Oktober 1841 ein unbebautes Grundstück. Darauf errichtete er eine Brauerei untergäriger Brauart, die erste ihrer Art in Berlins nördlicher Vorstadt.

Im Frühjahr 1844 konnte Joseph Pfeffer das „Bierzapfungslokal der neuen Bayrischen Bier-Brauerei Schönhauser Allee 176“ eröffnen, musste aber schon 1851 zwangsweise verkaufen. Mit den Besitzern Schneider und Hillig nahm die Entwicklung der Brauerei ab 1861 einen beträchtlichen Aufschwung. Baumaßnahmen setzten ein, die Bierproduktion verzeichnete ein stetiges Wachstum. Aus dem vormaligen Handwerksbetrieb wurde ein Industriebetrieb. Spätestens ab 1872 war der Name Pfefferberg für das Areal gebräuchlich.

Vor dem Hintergrund neuer ökonomischer und juristischer Rahmenbedingungen in Berlin erfolgte 1887 die Umwandlung der Brauerei in eine Aktiengesellschaft. Die begonnene Entwicklung wurde mit noch höherer Intensität fortgesetzt. Zeitgenössische Quellen bescheinigten dem Bier damals einen ausgezeichneten Geschmack.

Die meisten der Gebäude auf dem Pfefferberg-Areal entstanden in dieser Zeit. Ihre kreuzförmige Anordnung ist darauf zurückzuführen, dass Joseph Pfeffer seinerzeit die Brauerei im Zentrum eines noch unbebauten Geländes anlegte, erst einige Jahre später entstanden nach und nach die umliegenden Mietshäuser.

Mit dem Ersten Weltkrieg änderte sich auch die Situation für die Brauerei auf dem Pfefferberg grundlegend. Schon 1914 wurde ein genehmigtes größeres Bauvorhaben verschoben und kam dann nicht mehr zur Ausführung. Gerste, der wichtigste Rohstoff für untergäriges Bier, unterlag bald der Rationierung. Infolgedessen sanken nicht nur Bierproduktion und Absatz. Kurz nach Kriegsende, im Herbst 1919, übernahm die Schultheiß-Brauerei AG die Brauerei Pfefferberg. Zunächst führte sie Braubetrieb und Ausschank weiter, doch 1921 wurde der Brauereibetrieb auf dem Pfefferberg-Areal eingestellt.

Die Zeit bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

Auch die weiteren Jahre der Weimarer Republik waren für den Pfefferberg eine bewegte Zeit. Dabei blieb der nun verpachtete Restaurationsbereich am Biergarten weiterhin eine beliebte Adresse.

Anfang der 1920er Jahre bezogen einige Verwaltungen des kurz zuvor als Teil des neu geschaffenen Groß-Berlin gegründeten Bezirks Prenzlauer Tor (wenig später umbenannt in Prenzlauer Berg) kurzzeitig Büros auf dem Pfefferberg, darunter auch der erste Bürgermeister, Paul John.

1922 setzten in den ehemaligen Produktionsgebäuden umfangreiche bauliche Veränderungen ein. Die mit Unterstützung des späteren Reichskanzlers und Außenministers Stresemann gegründete Hoffmann Schokolade KG a.A. richtete hier beispielsweise eine Zuckersiederei, eine Fruchtkocherei sowie Puder-, Dressier- und Packräume für Pralinen ein.

1926 modifizierte die Firma ihren Unternehmenszweck. Nun, als der Gründer Max Hoffmann ausschied und eine der größten Bäckergenossenschaften in Deutschland in die Gesellschaft eintrat, ging es um die „Nutzung und Verwaltung der eigenen Immobilie und die Beteiligung an Unternehmen, die dem Bäckereibedarf dienen“. Die Räume der meisten vormaligen Produktionsabteilungen wurden in Lagerflächen umgewandelt. Ab 1944 firmierte die Gesellschaft offiziell als Pfefferberg Grundstücke KG a. A.

Anfang der 1930er Jahre pachtete die Germania Spezialbrotbäckerei einige Gebäude auf dem Pfefferberg und produzierte hier das sogenannte „Germania Nährbrot“. Während des Zweiten Weltkrieges belieferte sie auch die Wehrmacht.

1944 gab es Pläne, in den Tiefkellern auf dem Gelände sogenannte kriegswichtige Produktion für Waffenelektronik anzusiedeln. Allerdings ist offen, in welchem Umfang dies tatsächlich zur Ausführung kam. Sicher ist, dass die Zivilbevölkerung bei Bombenalarm in den Tiefkellern Zuflucht fand. Oberirdisch hinterließen Bombentreffer erhebliche Schäden an mehreren Gebäuden.

Von der Nachkriegszeit bis 1989

Kurz nach Kriegsende wurde das zunächst von der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) beschlagnahmte Pfefferberg-Gelände wieder als Produktionsstandort genutzt: Die Brotfabrik erhielt eine eingeschränkte Gewerbeerlaubnis. Im Sommer 1946 nahm die „Neues Deutschland“ Druckerei und Verlag GmbH, die über mehrere Betriebsteile im Berliner Stadtgebiet verfügte, am Standort Pfefferberg den Druckbetrieb auf. Zuvor hatte schon die Redaktion der Zeitung „Neues Deutschland“ hier ihren neuen Sitz bezogen. Ab 1947 erfgolgte über sechs Jahre die gesamte Herstellung der Zeitung auf dem Pfefferberg-Gelände.

Die politische Entwicklung der Nachkriegszeit führte auch zu einer Neuordnung der Eigentumsverhältnisse auf dem ehemaligen Brauereigelände. Auf der Grundlage des Gesetzes über eingezogene Vermögenswerte von Kriegsverbrechern und Naziaktivisten wurden Anfang 1949 die Germania-Brotbäckerei und Ende 1949 die Einkaufsgenossenschaft der Bäcker und Konditoren, die Pfefferberg Grundstücke KG (die vormalige Hoffmann Schokolade) und die Pfefferberg Beteiligungsgesellschaft entgeignet, die Immobilie formal in Eigentum des Volkes der DDR überführt.

Waren in den 1960ern noch rund 370 Mitarbeiter/innen der Druckerei „Neues Deutschland“ auf dem Pfefferberg tätig, wechselten die letzten 1973 an andere Standorte. Nachfolgender Rechtsträger wurde die Kommunale Wohnungsverwaltung Prenzlauer Berg, auch Verwalter und zugleich Hauptnutzer des Pfefferbergs. Danach prägte Mischnutzung das Gelände, darunter Büros und Werkstätten verschiedener handwerklicher Gewerke.

1987 gab der Magistrat, die Stadtverwaltung im damaligen Ostteil Berlins, eine Studie in Auftrag, die Vorschläge für die künftige Entwicklung und Nutzung des Geländes unterbreiten sollte. Eingebettet in eine städtebauliche Entwurfsstudie, legten die beiden Architekten Uwe Salzl und Bertram Vandreike ein Konzept vor, wonach das Gelände der ehemaligen Brauerei Pfefferberg saniert und auch für kulturelle Zwecke genutzt werden könnte. Die Idee einer „Kulturfabrik“ auf dem Pfefferberg war geboren, aber die Zeit der Umsetzung noch nicht gekommen.

Die Entwicklung ab 1990

Mit dem Einigungsvertrag ging die Immobilie im Oktober 1990 ideell zu gleichen Teilen in das Eigentum der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin über. Die Verwaltung lag weiter bei der Wohnungsverwaltung Prenzlauer Berg (WIP). Nur noch ein Zehntel der Nutzfläche war vermietet.

Die Initiatoren der „Kulturfabrik Pfefferberg“ warben Verbündete für ihr Vorhaben und beantragten, die Denkmalwürdigkeit der Immobilie zu prüfen. Ein soziokulturelles Zentrum könnte, so das angepasste Konzept, die Folgen des zu erwartenden Verdrängungsdrucks mindern und sozialen, künstlerischen sowie kleingewerblichen Aktivitäten neuen Raum zur Entfaltung bieten, Arbeitsplätze sollte entstehen.

Ende 1990 gründeten die Akteure eine eigene Organisationsstruktur – den Pfefferwerk e.V. Verein zur Förderung von Stadtkultur. Die ersten Räume auf dem Areal mietete er im Sommer 1991 für das damalige „Nachbarschaftshaus Pfefferberg“. Bald gab es erste Konzerte und Theateraufführungen und später einen langfristigen Mietvertrag für den Veranstaltungsbereich. Mitte der 1990er Jahre verzeichnete er bereits jährlich mehrere Zehntausend Besucher/-innen.

Profilierte Musiker/-innen aus aller Welt gaben hier Konzerte, auch junge Künstler/-innen und Musikgruppen konnten sich präsentieren. Die thematische Klammer all dessen bildete die sogenannte Weltmusik. Zu einem weiteren konzeptionellen Schwerpunkt entwickelte sich das Tanztheater, insbesondere das später alljährlich veranstaltete Flamencofestival.

In den 1990ern siedelten sich in einigen Gebäuden weitere soziale und kulturelle Einrichtungen an. Auch die Pfefferwerk Stadtkultur gGmbH, 1991 gegründet, um als Träger öffentlich geförderter Beschäftigungsmaßnahmen die angestrebte Sanierung und Umnutzung auf dem Pfefferberg zu begleiten, mietete einige Flächen. Schon wenig später war sie darüber hinaus außerhalb des Pfefferbergs aktiv und betrieb Standorte für Nachbarschafts- und Gemeinwesenarbeit und Angebote der Kinder- und Jugendhilfe. Später kamen auch Einrichtungen der Kindertagesbetreuung und der Ausbildung hinzu.

In dieser Zeit ging die Auseinandersetzung um die Immobilie weiter. Nachdem Rückübertragungsansprüche abgelehnt und Bund und Land Berlin sich auf einen Verkauf verständigt hatten, wurde ein Bieterverfahren eingeleitet. Inzwischen hatten die Pfefferwerk-Akteure die für Arbeit zuständige Senatsverwaltung des Landes Berlin als Unterstützer gewinnen können. Diese stellte für den Ankauf eine Zuwendung in Höhe von 7 Mio DM zur Verfügung – unter strengen Auflagen. Im Dezember 1999 wurde der Kaufvertrag mit der Pfefferwerk Stadtkultur gGmbH geschlossen, die Immobilie als Stiftungskapital in die Stiftung Pfefferwerk eingebracht und ein Erbbaurecht an einen professionellen Projektentwickler ausgereicht. Die Pächterin, die Pfefferberg Entwicklungs GmbH & Co. KG, übernahm die Aufgabe, die Gebäude denkmalgerecht zu sanieren und in Übereinstimmung mit dem vereinbarten Nutzungskonzept zu vermieten.

Nach ersten Demontagearbeiten konnte die Sanierung nicht wie geplant weitergeführt werden. Einige Jahre lang gab es neben der 2001 eröffneten Akira Ikeda Gallery/ Berlin nur wenige Nutzer auf dem Areal, meist Pfefferwerk-Organisationen. Dabei trug speziell die Pfefferwerk AG mit Kulturveranstaltungen und Public Viewing dafür Sorge, dass der Pfefferberg in der öffentlichen Wahrnehmung weiterhin präsent blieb.

Die Aufteilung des Erbbaurechts nach Wohneigentumsgesetz eröffnete ab 2002 die Möglichkeit, dass sich im Rahmen des Nutzungskonzepts auch Interessenten auf dem Pfefferberg ansiedeln, die ihre Flächen selbst sanieren wollten. Dieser Ansatz hatte letztlich Erfolg. Im Zeitraum von 2004 bis 2011 erfolgte die denkmalgerechte Sanierung und der Bau von neuen Gebäuden.

In deren Folge erhielt der Pfefferberg ein neues Gesicht, wobei Spuren der Vergangenheit bewusst erhalten blieben. Nach und nach bezogen die neuen Eigentümer und Mieter fertiggestellte Flächen. Auch die Höfe wurden saniert, Grünflächen angelegt.

Der Pfefferberg heute

Wer heute über den Pfefferberg geht, findet eine vielfältige und spannende Nutzungsmischung. Die denkmalgeschützte, vollständig sanierte Bausubstanz und die entstandenen Neubauten beherbergen Galerien, ein Museum für Architekturzeichnung, Ateliers und Werkstätten für junge und etablierte Künstler/-innen, Veranstaltungsräume, Gastronomie und Übernachtungsmöglichkeiten. Es wird geforscht, unterrichtet, aus- und weitergebildet. Und auch soziale Themen wie die Integration von Menschen mit Beeinträchtigungen oder die Ausbildung benachteiligter Jugendlicher haben auf dem Areal ihren Platz gefunden. Den Alltag auf dem Pfefferberg kennzeichnet Internationalität – bei den Nutzungskonzepten ebenso wie bei den hier ansässigen Akteuren.

Und nicht zuletzt – infolge der Entwicklung sind die Pachteinnahmen der Stiftung Pfefferwerk deutlich angestiegen, so dass gemeinnützige Organisationen in Berlin mehr Fördermittel für ihre Projekte erhalten können.